Arbeitszeugnis: Welche Bedeutung hat es noch im modernen Bewerbungsprozess und für die Karriereplanung?

Ein Arbeitszeugnis hat auch im modernen Bewerbungsprozess einen hohen Stellenwert, da es über Beschäftigungszeiten eines Arbeitnehmers, die von ihm ausgeübten Tätigkeiten und seine Leistungen informiert. Allerdings besteht die Gefahr, dass es sich um eine subjektive Einschätzung des früheren Arbeitgebers handelt. Um das zu vermeiden, haben Arbeitnehmer den Anspruch auf Korrektur, wenn ein Arbeitszeugnis nicht wohlwollend ist. Damit ein Arbeitszeugnis bei einer Bewerbung und der Karriereplanung tatsächlich hilfreich ist, sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit den Formulierungen auskennen.

Welchen Stellenwert haben Arbeitszeugnisse im heutigen Bewerbungsprozess?

Ein Zeugnis ist wichtig, da es dem potenziellen Arbeitgeber wichtige Hinweise über einen Bewerber liefert. Mitunter werden Bewerber vom Bewerbungsprozess ausgeschlossen, wenn sie kein aktuelles Zeugnis ihres letzten Arbeitgebers vorlegen können. Ein fehlendes Zeugnis vom letzten Arbeitgeber bei einer Bewerbung kann darauf hindeuten, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht im Guten voneinander getrennt haben.

Bei den Arbeitszeugnissen wird zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Zeugnis unterschieden. Das einfache Zeugnis informiert lediglich über:

  • Dauer der Beschäftigung eines Arbeitnehmers
  • Name, Anschrift und Branche des Unternehmens
  • vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeiten

Über die Leistungen des Arbeitnehmers wird in einem einfachen Zeugnis nicht informiert. Solche Angaben sind in einem qualifizierten Zeugnis zu finden. Daher legen viele Arbeitgeber bei ihren Bewerbern Wert auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Inhalt und Formulierungen sind im Arbeitszeugnis beim Recruiting von Mitarbeitern eine wichtige Basis für Entscheidungen.

Umfassende Informationen in einem qualifizierten Arbeitszeugnis

Das qualifizierte Arbeitszeugnis informiert nicht nur über die ausgeübten Tätigkeiten, sondern es enthält auch die folgenden Informationen über einen Mitarbeiter:

  • Fachwissen
  • Auffassungsgabe
  • Lernbereitschaft
  • mögliche Teilnahme des Arbeitnehmers an Weiterbildungsmaßnahmen
  • Arbeitsweise
  • Belastbarkeit
  • Zuverlässigkeit
  • erwähnenswerte Arbeitsergebnisse
  • Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden

Personalverantwortliche prüfen die Arbeitszeugnisse ihrer Bewerber nicht nur auf inhaltliche Angaben, sondern auch auf Noten und Formulierungen. Verschiedene Formulierungen können versteckte Botschaften enthalten, die Personalverantwortliche kennen und bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Solche Formulierungen gibt es auch für Noten, die bei der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber herangezogen werden.

Für die Noten gelten die folgenden Formulierungen:

  • Sehr gut: stets zu unserer vollsten Zufriedenheit
  • Gut: stets zu unserer vollen Zufriedenheit
  • Befriedigend: stets zu unserer Zufriedenheit
  • Ausreichend: zu unserer Zufriedenheit
  • Mangelhaft bis ungenügend: stets bemüht zu unserer Zufriedenheit.

Rechte und Pflichten beim Arbeitszeugnis für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ist in Paragraf 109 der Gewerbeordnung geregelt. Alle Arbeitnehmer, darunter auch Praktikanten, haben Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis, wenn sie ihr Arbeitsverhältnis beenden. Dabei besteht auch der Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, das jedoch vom Arbeitnehmer beim Arbeitgeber angemeldet werden muss.

Der Arbeitnehmer kann entweder ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis beanspruchen und zwischen beiden Zeugnisarten wählen. Hat der Arbeitnehmer ein einfaches Arbeitszeugnis erhalten und benötigt er jedoch ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, muss der Arbeitgeber bei berechtigtem Interesse zusätzlich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen. Der Arbeitnehmer sollte das Arbeitszeugnis unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses anfordern.

Für den Arbeitgeber gilt beim Arbeitszeugnis die Wahrheits- und Wohlwollenspflicht. Das bedeutet, dass alle Angaben im Zeugnis wahrheitsgemäß sein müssen. Die Wohlwollenspflicht besagt, dass keine negativen Formulierungen im Zeugnis enthalten sein dürfen.

Sind die Angaben im Zeugnis nicht wahrheitsgemäß oder ist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber nicht wohlwollend, hat der Arbeitnehmer das Recht auf Korrektur und kann dafür das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Er kann dieses Recht notfalls auch mit einer Klage vor Gericht durchsetzen und dafür einen Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren.

Bedeutung von digitalen Empfehlungen und Netzwerken im Vergleich zum traditionellen Arbeitszeugnis

Ein traditionelles Arbeitszeugnis hat auch im digitalen Zeitalter noch einen hohen Stellenwert bei Bewerbungen. Es kann mit Empfehlungsschreiben oder Referenzkontakten von Kunden ergänzt werden. Ein Empfehlungsschreiben hat jedoch längst nicht den Stellenwert eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, da es weniger persönlich formuliert ist und keinem klaren Aufbau folgt. Bewerber können mit solchen Referenzkontakten ihre Chancen verbessern.

Netzwerke wie Xing oder LinkedIn können von Bewerbern genutzt werden, um Profile zu erstellen und von potenziellen Arbeitgebern schneller gefunden zu werden. Bei diesen Netzwerken stehen verschiedene Angebote zur Auswahl. Bewerber können auch ihren Lebenslauf und Hinweise auf hilfreiche Kontakte integrieren. Personalverantwortliche können dann die dort hinterlegten Kontakte befragen. Auch die Verlinkung von Profilen ist möglich.

Xing oder LinkedIn können für Personalverantwortliche zwar informativ sein, doch haben sie keinen so hohen Stellenwert wie klassische Arbeitszeugnisse.

Geheimsprache in Arbeitszeugnissen erkennen

Personalverantwortliche lesen in den Arbeitszeugnissen ihrer Bewerber auch zwischen den Zeilen und achten auf versteckte Formulierungen und Codes. Trotz des Wohlwollensprinzips können Arbeitgeber eine solche Geheimsprache verwenden.

Es sind maßgeblich die Nuancen in den Formulierungen, die eine Gesamtbewertung bei einem Arbeitszeugnis bestimmen. Auch kleine Abweichungen von den Standardformulierungen können sich auf die Bewertung auswirken. Es gibt eine ganze Reihe von Geheimcodes, die zwar wohlwollend erscheinen mögen, aber eine negative Botschaft enthalten.

Wünscht ein Arbeitgeber seinem früheren Mitarbeiter für die Zukunft viel Erfolg, mag das zwar freundlich klingen, doch die Botschaft dahinter ist, dass dieser Mitarbeiter bislang keinen Erfolg hatte. Wird ein Mitarbeiter als umgänglich beschrieben, gilt er in Wahrheit als schwierig. War ein Mitarbeiter aufgrund seiner Pünktlichkeit ein Vorbild, dann war er zwar pünktlich, hat aber sonst nicht viel geleistet. Eine Formulierung „die ihm gemäßen Aufgaben“ bedeutet, dass ein Mitarbeiter hauptsächlich anspruchslose Aufgaben verrichtet hat. Es gibt noch viele weitere solche scheinbar positiven Formulierungen mit negativer Botschaft.